Nina Poethen – eine Tänzerin auf ihrem Weg in die eigene Welt
“Ich habe das Gefühl wie ein Schmetterling zu sein, der sich in den Jahren vom Ei zum Falter entwickelt hat, aber manchmal, wenn ich meinen Tanz trainiere, fühle ich mich immer noch in einem Verpuppungsstadium, und das ist ein interessantes Gefühl.“
NINA, WIE KAMST DU ZUM TANZ?
Mit fünf Jahren entdeckte meine Mutter plötzlich, wie ich Melodien am Klavier nach klimperte und, obwohl meine Eltern noch sehr jung und nicht gerade reich waren, finanzierten sie mir von da an Klavierunterricht. Eine Freundin aus Israel/Palästina zeigte mir später einen Folkloretanz, und da war ich auch schon nach Tanzen süchtig geworden, so mit 12. Orientalischen Tanz-Unterricht nahm ich dann mit 17, weil ich mich total in die orientalische Musik verliebt hatte. 3 Jahre lernte ich türkisch und tanzte intensiv in zwei türkischen Folkloregruppen. Eine alte Schulkameradin sagte vor kurzem: Nina, weisst du noch, als du gesagt hast, wenn es nach dir ginge müssten alle deutschen Bürger Türkisch lernen?
ICH HABE GEHÖRT, DU BIST AUCH SCHAUSPIELERIN.
Nach einer abgeschlossenen Schauspielausbildung, die ich mir mit meinen Tanzauftritten finanzierte, schauspielerte ich, auch in Filmen und Performances, nahm Gesangsstunden und sang in Musicals. Ich konnte aber die stärkste Magie immer im Orientalischen Tanz für mich fühlen und entschloss mich vollends für ihn.
WIE LÄUFT DIE ARBEIT HIER IN DEUTSCHLAND?
Ich habe hier zahlreiche und auch wunderschöne Auftritte gehabt, im TV, oder zum Beispiel im Circus Krone, in der Zenith-Halle im Vorprogramm von Khaled vor 4000 jubelnden Menschen, oder auch im Carl-Orff-Saal, den ich sehr mag – träumte mich aber immer wieder nach Ägypten wegen der Möglichkeit als Tänzerin mit eigenem Orchester aufzutreten, welches ich hier bedauerlicherweise nicht fand.
HAST DU ES DENN IM AUSLAND VERSUCHT?
Neben den näheren Nachbarländern, wo ich tanzte war die interessanteste Erfahrung aber London, wo ich u.a. im “Kitkat“ mit einer libanesischen Musikgruppe auftrat, und der renommierte Flötist Bashir Abdel 'Aal
mir das Kompliment machte, er hätte noch nie erlebt, dass eine Tänzerin ohne gemeinsame Proben so perfekt die Musik verstehen und tanzen konnte. Sein Bruder, der berühmte Geiger Aboud Abdel Aal wollte mir ein Engagement in Dubai vermitteln, aber aus behördlichen Gründen klappte es nicht.
Aber mittlerweilen habe ich das schöne Münchnerland für mich erkannt, und kann das Leben hier und die Einflüsse auch im Zusammenhang mit anderen Künsten und kulturellen Möglichkeiten sehr schätzen, und es als Chance sehen, hier weiter an meinen Projekten, an der spannenden Verschmelzung von Orient und Okzident zu arbeiten.
WIE SIEHT DEINE FAMILIE DEINEN BERUF?
Da habe ich grosses Glück! Meine Mutter Walbi Vervier ist Kunsterzieherin und malt, mein Vater Mischa Poethen hat eine dichterische Begabung, mein Stiefvater Peter Vervier oder auch zweiter Vater ist Fotograf und hat mich meine ganze Laufbahn hindurch damit unterstützen können. Auch mein Lebensgefährte C. A. Monteoro stellt mir seine Kreativität zur Verfügung und erarbeitet mit mir Veranstaltungskonzepte mit Musik und Videokompositionen.
DAS HÖRT SICH ALLES AUFWENDIG UND TEUER AN, TANZT DU AUCH IN KLEINEREM RAHMEN?
Der Rahmen ist nur so klein, so klein der Respekt ist. Solange alles stilvoll abläuft, wäre es auch im kleinsten Beduinenzelt schön zu tanzen.
MÖCHTEST DU DEN LESERN NOCH ETWAS SAGEN?
Ich habe ein paar Zeilen gedichtet, die für mich das Wichtigste ausdrücken:
Der Tanz lässt die Erde erzittern und die Herzen sich öffnen.
Die Flöte ist aus Luft und die Trommel atmet Feuer.
Die Gestalt scheint aus Wasser – schon fliesst sie davon.